Wolfgang Kniep – Kort-Texten

Wolfgang Kniep
Wolfgang KniepKort-Texten
„PLATT FÖR HÜÜT UN MORGEN“, NEDDERDÜÜTSCH AUTORENDREPEN 2022
Wolfgang Kniep

70 Johr

„Opa ? Oopaa !!“

„Ja?“

„De Antenn von dien Hürgerät hangt rut.“

„Wat seggst du?“

„De Antenn von dien Hürgerät hangt rut!!“

„Momang; jetz ok noch?“

„Jaha!“

„Un nu?“

„Nu nich mihr.“

„Vadder?!“

„Ja doch, schrieg nich so!“

„Wisch di mal den’n Mund aw, du sabberst!“

„Ümmer wenn ick mal räden will, denn seggst du, ick sabbel!“

„Sabberst, heww ick seggt!“

„Segg ick ja!“

„Lat gaut sien, aewer wisch di liekers den’n Mund aw!“

„Hebbt ji all mien Riesengurk seihn?“

„Du meinst in’t Gewächshus?“

„Na klor, wo denn süss?“

„Äben!“

An’n stillen Friedag

Rusig un kolt let hüt de Dag,
so recht tau’n Trurigsien.
Still gah ick oewer’t wiete Flach,
denk an sien Leid un Pien.

Hei nähm ok miene Schuld up sick,
so heww ick dat eins lihrt,
un lenkt noch hüt all uns Geschick;
sünd wi dat würklich wiert?

So swor dat Krüz up sienen Rüch,
müsst dörch de Stadt hei gahn.
De Lüüd an’n Weg denken kum trüch
un spucken em gor an.

Harrn se nich gistern ierst vull Freud
em noch tau jubeliert,
un freun sick nu an all sien Leid,
wiel sick dat hüt so hürt?

Tau daun, wat Obrigkeit jüst will,
nahsing’n ehr Melodie,
so güng all ümmer disset Spill,
un ännert sick woll nie.

So gah ick sinnend oewer’t Flag,
sehn mi na Sünnenschien,
un bitt di, Herr, an dissen Dag:
Lat mi eins anners sien!

„Ich bin bilingual aufgewachsen!“

Schön is doch, dat wi Plattdütschen dit alltaumal seggen künnt!

Nich blot, dat wi in Norddütschland tweisprakig upwussen sünd. Nee, dat bedüüd ok, dat wi dat Talent tau’n Fremdsprakenlihren mit de Muddermelk insuugt hebben un dordörch sogor Dialekten ahn grot Probleme verstahn. Dat sall’n uns anner Lüüd ierst mal nahmaken!

Ick bün as Landminsch ja ok handwarklich tämlich gaut ünnerwägens. Un wat ick nich heww orer sülbens trechtfriemeln kann, besorg ick mi in’n Bugmarkt. Nu is dat aewer in de Marktwirtschaft so, dat grote Ünnernähmers ehr Milliardeninnahmen nich etwa an ehr Arbeiters (un ierst recht nich an ehr Kunnen) wieder gäben, sonnern entweder an de Stüer vörbie in’t Utland bringen, orer bestännig „investieren“, „insolvieren“ un „fusionieren“.

So heit mien Bugmarkt in Boizenborg niegerdings nich mihr „Placa“ sonnern „Hagebau“.

Ierst mal egal, dacht ick mi, solang dat Personal oewernamen ward un de Priese stimmen.

Man dor hett ein Uhl säten: Dat total ümstellte Sortiment is sülwst för de wenigen „ollen“ Mitarbeiters kuum noch tau oewerseihn un babentau vääl dürer as vörher!

Un denn heww ick nülich ganz taufällig mitkrägen, dat ein von de niegen Herrschers ut Bayreuth tau den’n Filialleiter seggt hett: „Does krieg’n de depperten Ossis gor net mit!“

Hei meinte dormit ierstens, dat ick sien Dialekt nich verstah, un tweitens, dat ick mi mit de „Parner-card“ (3 % Rabatt) begäuschen lat, obschons ick de Saken poor Dörper wierer tau’n ollen Pries kriegen dau. Man dor hett ierstens un tweitens ein Uhl säten!

Jed quarig Mus bliwwt hüt tau Hus!

As Rentners sünd mien Fru un ick ja nich mihr „systemrelevant“, un up ’n Stellenplan würd woll ein „KW-Vermerk“ stahn (kann wech). Liekers hebben wi verläden Johr taulangt un uns impfen, un denn kort vör Wiehnachten ok „boostern“ laten. Nu sünd wi mindstens bet Sommer fein rut, koenen Privilegien geneiten, de sture Lüüd nich hebben, un bruken nich gliek bang tau sien, wenn uns dat Wäder mal eins tau’n Prusten bringt – dachten wi jedenfalls. Aewer „denkste!“

Gägen End von’n Hartmand heww ick mi dörch ein’n Rägenschuer so dull einen upsackt, dat achterher nich mal Grog helpen wull. Dunnerlütt ok, wo kann so wat angahn? Annern Dag löp mi ümmer noch de Näs, un so keem mien Fru up den’n Gedanken, dat ick mi sülwst mal testen süll. (In dat 5-deilig „Antigen Test Kit“ künn ick mit Brell ünner all de väälsprakigen Anleitungen ok de dütsche finnen – un sogor begriepen!) Un wat sall ick seggen – positiv!

Kann nich sien! Ick führte na de Stadt in’t Testzentrum – negativ! Mütt ja ok!

Tauhus hett sick denn sogor mien Fru sülwst testen laten (von mi) – negativ!

Allens klor, dachten wi! Doch dor har’n Uhl säten! Sei – also mien Fru – fäuhlte sick nu nömlich ok bäten snuppig, un so hebben wi uns in de Husarztpraxis „richtig“ testen tau laten (PCR).

Nah twei Daag (aewer dorför sall hei ja awslut „säker“ sien) keem de Befund: All beid positiv! Nich tau glöben! Annern Dag röp dat Gesundheitsamt an, wull allerhand weiten un loet sick ok nich up mien’n „Test-Humor“ in (tweimal negativ, tweimal positiv, einmal schwanger).

Wi müssten in „hüsliche Isolatschon“ un künnen liekers gewohr sien, uns mind’stens 10 Daag lang gägensietig up’n Geist tau gahn – Herr Je ok!

Tauierst güng dat noch ganz gaut: Wi hebben telefonisch den’n Rest von de Familie un dat „Ümfeld“ informiert, dor wier de ierst Dag all rüm. Aw un tau fragten wi: „Kann ick di wat helpen?“ Ick dörfte sogor kaken (müsst aewer ierst in’t Käuhlschapp nah’n KW-Vermerk kieken). Fiewer har’n wi nich, Hausten wenig, un de Snuppen höll sick ok an de Rägeln.

So kriggst du ok de nächsten poor Daag rüm. Wenn’t aewer buten gries un kolt is, de ein will slapen un de anner Fernsehn kieken, Besäuk dörf nich kamen, mal will de ein läsen un de anner telefonieren… Denn brukt de Minsch wohrhaftig starke Nerven, orer hei ward quarig; dorvon heit dat ok „Quarantäne“! Ollig slapen kann’n ok nich (in trennte Betten is nix mit kuscheln), un so kümmt di denn dat Grüweln an: Wo hest du di dat halt? För mien Fru steiht fast, dat sei’t von mi hett – dat’s an bequemsten!

Ick gah in Gedanken all de Lüüd dörch, mit de ick in de letzt Tied „ungeschützten Kontakt“ har (as’n Seemann nah’n Landgang). Vääl kamen ja nich in Fraag hier up’n Dörp (un in mien Öller). Denn kiekst du noch eins in’t Internet wägen de „Inkubatschonstied“ – dor ward de Namenslist all körter. Ob de Fru dat ut’n Supermarkt mitbröcht hett? „Ward gor nich diskutiert, denn dor sünd s’ ja all maskiert!“ Orer süll villicht de Hund…? In China hebben ja sogor Fladdermüüs Corona! Von all dat Grüweln un Nahläsen weitst du nah drei Daag twors allens oewer Covid, aewer wuher’t kümmt, nich! Ok mien Schnack „nah Lockdaun kümmt Lockerung“ kann ehr nich upmuntern. Sei har ok all ümmer ein’n annern Humor as ick …

Intwüschen sünd wi „frietest’t“ (blot de Hund wull nich mitspälen). Lat juch seggen, leiw Lüüd: Säker is keiner vör disse niege Krankheit – ob impft orer nich! Aewer wie erhollen uns den’n Globen, dat allens leeger utgahn wier, wenn wi uns nich haren „boostert“ laten!

Staatsbörgerkun’n

„Vadder, kannst du mi mal verkloren, woans Politik funktschoneert? Wi hebben jetz nömlich Staatsbörgerkun’n in de Schaul!“

„Jo“, seggt de Vadder, „denn pass mal gaut up: Ick bring ja dat Geld na Hus, ick bün also dat Kapital. Dien Mudder verwalt’t dat Geld un giwwt dat ok ut; sei is de Regierung. Grotvadder, de noch bie uns läwt, passt up, dat allens mit rechte Ding’n taugeiht; hei is de Gewerkschft. Anna, de bie uns in’n Hushalt helpt, is de Arbeiterklass. Un för weckern dat allens? För di, mien Jung! Du büst dat Volk, un dien lütten Brauder is de Taukunft. Hest du dat verstahn?“

De Soehn seggt: „Ick glöw, dor mütt ick noch ein Nacht oewer slapen.“

Nachtens wakt hei up, wieldess sien Brauder in de Winneln makt hett un schriegt. Hei steiht up un geiht in de Slapstuw von sien Öllern. Dor liggt aewer blot sien Mudder un snorkt so lut, dat hei ehr nich wak kriggt. So geiht hei tau Anna. De liggt aewer mit den’n Vadder in’t Bedd, un de Opa kiekt von buten dörch de Finsterschiew. Dor hett de Jung de Näs vull un geiht wedder tau Bett. Annern Morgen bie’t Fröhstück fröggt de Vadder:

„Na, Jung, hest du dat mit de Politik nu begräpen?“

„Ja“, antert de Soehn, dat verhölt sick so: Dat Kapital missbrukt de Arbeiterklass, de Gewerkschaft kiekt tau, de Politik slöppt, dat Volk ward nich iernst namen un de Taukunft liggt in de Schiet!“

Nach oben